Mensch-Roboter-Kollaboration – ein Modell für die Zukunft?

Werden menschliche Mitarbeiter im Maschinenbau bald überflüssig? Oder werden wir in Zukunft neue Formen der Kollaboration zwischen Mensch und Maschine entwickeln? Wir werfen einen kritischen Blick auf die Industrie 4.0 und klären über Risiken und Potentiale auf.

Schöne neue Welt?

Neue Technologien wie künstliche Intelligenz und Machine Learning schicken sich an, den Maschinenbau grundlegend zu verändern. Nichts scheint unmöglich: Roboter übernehmen einen Großteil der Fertigungsaufgaben. Anlagen überprüfen sich fortlaufend selbst und beheben Störfälle eigenständig. Algorithmen analysieren die während der Fertigung erzeugten Datenströme und leiten daraus Optimierungsmaßnahmen ab. Das vollautomatisierte Werk, das ohne menschliche Mitarbeiter auskommt, scheint in greifbare Nähe zu rücken. Es ist tatsächlich eine vierte industrielle Revolution, die sich gerade vollzieht.

 

Zwischen Euphorie und Panik

Solche disruptiven Technologien verleiten zu extremen Reaktionen. Auf der einen Seite stehen technophile Unternehmer wie Tesla-Chef Elon Musk, der noch Anfang des Jahres in einem Interview ein Loblied auf die radikal automatisierte Fabrik anstimmte: 

“The competitive strength of Tesla long-term is not going to be the car; it's going to be the factory. [...] The car industry thinks they're really good at manufacturing and actually they are quite good at manufacturing. But they just don't realize just how much potential there is for improvement.” - Elon Musk 
Die Kritik an der Automatisierung greift oft zu kurz

So ernst man die Sorgen der Betroffenen nehmen muss – eine pauschale Verurteilung der Roboter hilft nicht weiter. Speziell die Tendenz der Kritiker, die Automatisierung als ein isoliertes Phänomen darzustellen, ist problematisch. Tatsächlich sind die neuen Technologien stark mit dem wirtschaftlichen Gesamtsystem verflochten. Würde die Digitalisierung hierzulande gebremst werden, stände zu erwarten, dass viele weitere deutsche Betriebe in Billiglohnländer abwandern. Dort würden dann im schlimmsten Fall frei von arbeitsrechtlichen und ökologischen Auflagen Mensch und Umwelt ausgebeutet, um irgendwie wettbewerbsfähig zu bleiben. Das dies kein erstrebenswertes Szenario ist, auch für hiesige Arbeitnehmer, leuchtet von selbst ein. Umgekehrt gibt es Anzeichen, dass eine verstärkte Automatisierung die Rückverlagerung nach Deutschland unterstützen würde, weil die Verrichtung einfacher Arbeitsschritte im eigenen Land wieder lukrativ wird.

 

Mensch und Roboter bilden ein Team

Tatsächlich gibt es weniger Grund zum Schwarzmalen, als die Diskussion manchmal vermuten lässt. Es wird immer deutlicher, dass Roboter uns zwar viele einfache Arbeiten abnehmen können, dass für komplexe und kreative Prozesse auf absehbare Zeit aber immer noch der Mensch gebraucht wird. Das betrifft z. B. die Beaufsichtigung der Anlage ebenso wie die Programmierung von Robotern und ihre Wartung. Dieser Umstand lässt sich für ganz neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine nutzen, sog. Mensch-Roboter-Kollaborationen (MRK). Die Idee: Mensch und Roboter arbeiten vereint an einem Arbeitsplatz sich gegenseitig zu, jeder gemäß seinen Stärken. Der Roboter übernimmt vor allem körperlich anstrengende und repetitive Aufgaben, während der Mensch überwacht und steuert. Der bisher nötige Schutzzaun entfällt also. Es gibt bereits erste zugelassene Modelle, die beispielsweise bei BMW in Dingolfing zum Einsatz kommen und dort die Mitarbeiter in der Fertigung beim Fügen von Kegelrädern unterstützen. Kommt es zu einem unerwünschten Kontakt zwischen den Händen des Mitarbeiters und dem Maschinenkopf des Roboters, hält der Roboter automatisch inne, um Verletzungen auszuschließen.

 

Eine differenzierte Herangehensweise ist gefragt

Die Industrie 4.0 kommt und sie wird unsere Arbeitswelt grundlegend verändern. Viele bisher wichtige Berufe werden in Zukunft durch Roboter obsolet. Dieser Realität müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ins Auge schauen. Gleichzeitig darf dies aber nicht zu einer blinden Verteufelung der Automatisierung führen, wenn wir z. B. nicht riskieren wollen, dass noch mehr Unternehmen ins Ausland abwandern. Außerdem haben neue Modelle der Arbeit wie die Mensch-Roboter-Kollaboration das Potential, Jobverluste zumindest zu reduzieren.

Es muss aber auch klar kommuniziert werden, dass Arbeitnehmer eine Eigenverantwortung haben, sich fachlich fortzubilden, um für die Digitalisierung gerüstet zu sein, Stichwort lebenslanges Lernen. Entsprechende Fachkräfte werden schon jetzt händeringend gesucht! Wer dagegen an alten, niedrig-qualifizierten Berufsbildern festhält, wird von den negativen Auswirkungen der Digitalisierung stärker betroffen sein. Hier sind auch die Personalabteilungen der Unternehmen gefragt, ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen und geeignete Fortbildungsmöglichkeiten anzubieten.

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