Wie 5G die Industrie 4.0 voranbringt

Der kommende Mobilfunkstandard 5G eröffnet neue Möglichkeiten für die produzierende Industrie. Lesen Sie, welche neuen Anwendungen schon bald möglich sind und wie Unternehmen die Potenziale von 5G in der Industrie 4.0 ausschöpfen.

Industrie sieht mehrheitlich große Chancen im schnellen Mobilfunk

Viele deutsche Unternehmen stufen das schnelle mobile Internet der 5. Generation als relevant für Deutschland ein. Laut einer Befragung von Bitkom sehen 85% der Produktionsunternehmen den 5G-Standard als wichtig an, 52% davon sogar als sehr wichtig. Dieser bietet hohe Datenraten und minimale Verzögerungszeiten, was eine zuverlässige, sichere und schnelle Datenübertragung ermöglicht. Bereits 29% der Unternehmen nutzen 5G in der Produktion, im Vergleich zu acht Prozent im Vorjahr. Weitere 42% planen oder diskutieren den Einsatz. Für die Zukunft planen 20% der Unternehmen, bis 2025 ausschließlich auf 5G zu setzen. Gegenwärtig nutzen fünf Prozent ausschließlich 5G. Zehn Prozent verwenden es hauptsächlich, und 13 Prozent tun dies teilweise oder nur in geringem Maße.

 

Echtzeit-Kommunikation mit 5G für Industrie 4.0

Große Vorteile verspricht der neue Mobilfunkstandard 5G dort, wo Echtzeitkommunikation neue Anwendungen ermöglicht. 5G bietet bei optimaler Netzanbindung Downloadraten um 10.000 Megabit pro Sekunde und Antwortzeiten um eine Millisekunde. Diese Werte sind etwa um den Faktor 10 besser als die von 4G (LTE Advanced). Damit ist eine Netzgeschwindigkeit erreicht, bei der Verzögerungen kaum noch wahrnehmbar sind.

Vier Szenarien zeigen, welche Verbesserungen und ganz neuen Möglichkeiten  sich durch die Datenkommunikation mit Maschinen und Geräten in Echtzeit ergeben:

  • - vernetzte Produktion,
  • - Virtual und Augmented Reality,
  • - Roboterkommunikation,
  • - autonome Transportsysteme.

Wir werfen im Folgenden einen konkreten Blick auf diese vier Anwendungsszenarien. 

 

Vernetzte Produktion durch 5G-Standard

Auf der Hannover Messe 2019 hat Zeiss gezeigt, wie sich Qualitätsregelkreise mit 5G realisieren lassen. Dafür werden in der Produktionslinie Roboter installiert, die nach Fertigungsschritten sofort Messungen durchführen. Im Beispiel von Zeiss haben die Roboter an Autokarosserien während der Produktion Messungen von Parametern wie Spaltbreite, Bündigkeit oder Oberflächenqualität durchgeführt. So lassen sich Fehler frühzeitig erkennen und korrigieren.

Warum bei dieser Anwendung 5G gegenüber den langsameren Standards 4G und WLAN von Vorteil ist, erklärt Kai-Udo Modrich, Head of Car Body Solutions bei Zeiss: „Da 5G eine höhere Bandbreite und Geschwindigkeit sowie mehr Kapazität für einzubindende Geräte und Systeme bereitstellt, lassen sich damit in der vernetzten Fertigung zukünftig eine viel höhere Zahl von Sensor-, Steuerungs- und Qualitätsdaten generieren, auswerten und übertragen.“

 

Virtual und Augmented Reality

Bei der Benutzung von 3D-Datenbrillen für die Anlagen- oder Produktsimulation leiden die Benutzer häufig unter dem Motion Sickness genannten Schwindelgefühl. Das bleibt im 5G-Netz normalerweise aus. Denn solches Missempfinden tritt auf, wenn die visuellen Wahrnehmungen nicht mit den eigenen Körperbewegungen übereinstimmen. Dieser Effekt wird bei Brillen mit Funkanbindung durch Latenzen hervorgerufen. Bei einer Drehung zum Beispiel folgt das gesehene Bild der Körperbewegung mit Verzögerung. Beim bisherigen 4G/LTE ist dieser Effekt durch Latenzen zwischen 20 und 80 ms gut erkennbar. Bei 5G beträgt die Verzögerung 1 ms oder weniger und bleibt damit unter der Wahrnehmungsschwelle.

 

Anbindung von Robotern in der Automobilindustrie

Der VW-Konzern plant die Vernetzung von Robotern in der Produktion durch den neuen Mobilfunkstandard. Alleine im Werk Wolfsburg geht es um 5000 Roboter. Auch andere Maschinen sollen in das Netz einbezogen werden. Das beschleunigt die Übertragung von Fertigungsprogrammen in der Anlage. Zudem lassen sich die Fahrzeuge jederzeit mit Daten für die Motor- und Fahrwerkssteuerung versorgen.

Um das schnell zu verwirklichen, möchte VW eigene Funknetze in seinen Werken betreiben. „Ja, wir streben den Erhalt privater 5G-Funklizenzen für die industrielle Nutzung an“, sagte VW-Sprecher Jonas Kulawik der Deutschen Presse-Agentur. Zunächst richten die Wolfsburger ein Pilotprojekt ein, dann werden die ersten Netze installiert. Audi und Porsche planen ebenfalls die Vernetzung von Robotern und Anlagen.

  

Edge Computing und Funk für autonome Transportsysteme

Mobilfunk bietet sich für die Vernetzung von mobilen Robotern und Transportsystemen an. Wie sich das mit 4G/5G realisieren lässt, erprobt Osram zusammen mit der Telekom und anderen Partnern. Dabei werden autonome Transportroboter im Osram-Werk in Schwabmünchen über eine Kombination aus öffentlichen und privaten Funknetzen betrieben.

Osram arbeitet bei diesem Projekt mit Edge Computing – lokal installierte Server übernehmen die Vorverarbeitung des Datenstroms. Dazu gehört vor allem die rechenintensive Auswertung der von den fahrerlosen Transportsystemen gescannten Umgebungsdaten. An die Cloud senden die Edge-Server nur ausgewählte Datensätze. Bei diesem im Oktober 2018 gestarteten Versuch nutzt die Telekom noch LTE – für neuere sogenannte Campus-Netze plant die Telekom aber schon mit 5G.

Diese Beispiele zeigen, wie sehr Industrieanwendungen von der Mobilfunkanbindung in Echtzeit profitieren. Darüber hinaus ist die Vernetzung von Produktionsanlagen und Transportsystemen mit 5G für Industrie 4.0 eine sehr gute Basis. Denn für diese Strategie stellt die Erfassung und Verteilung einer Vielzahl von Daten eine essentielle Voraussetzung dar. Die Technik für 5G wird in Deutschland voraussichtlich ab 2020 großflächig installiert.

 

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