Was tun, wenn das Personal zum Engpassfaktor wird?

Perspektiven für den Maschinen-, Werkzeug- und Formenbau

Nicht die Digitalisierung und Lieferengpässe für Rohstoffe, Werkzeugen und Maschinen werden den Maschinen-, Werkzeug- und Formenbau künftig ausbremsen, sondern der Fachkräftemangel. Schon heute gibt es verzweifelte Maschinenbauunternehmen, die, damit ihre Fertigung nicht stillsteht, Deals mit Gefängnisinsassen machen. Der Markt für Fachpersonal ist leergefegt. Wenn Sie heute aufgrund guter Auftragslage ihre Fertigung hochschrauben wollen, heißt der neue Engpassfaktor nicht mehr Material, Betriebsmittel oder Maschinenplatz. Es ist das Fachpersonal! Und es wird künftig nicht besser. Wie kann man dem entgegenwirken?

 

Faire Besoldung und soziale Absicherung

Das, was eigentlich heutzutage selbstverständlich sein sollte, ist oft nicht der Fall. Es gibt Tarifverträge, an die man sich halten und die man nicht mit Tricks umgehen sollte. Orientieren Sie sich an den marktüblichen Lohnsätzen und sozialen Absicherungen. Sie punkten gegenüber der Konkurrenz, wenn sie hier besser aufgestellt sind.

 

Flexibilität in der Arbeitszeit und ggf. Ort (Home Office)

Im Gegensatz zu früher hat sich das Berufsleben verändert. Es gibt kaum mehr die starren Arbeitszeiten, nur noch gewisse Kernzeiten, zu denen gearbeitet werden muss. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer seine Zeiten flexibel einteilen. Auch Arbeiten in Teilzeitmodellen ist gefragt, gerade bei Arbeitnehmern mit zu beaufsichtigenden Kindern oder zu pflegenden Eltern. Und nicht zuletzt die Coronazeit hat uns gezeigt, dass viele Tätigkeiten genauso gut von daheim erledigt werden können. Räumen Sie daher ihren Arbeitskräften mehr Flexibilität in der Arbeitszeit und dem Arbeitsort ein, dadurch werden Sie um einiges attraktiver. 

 

Arbeitsumfeld aufwerten

Leider ist oft nicht nur die Arbeitstätigkeit entscheidend, sondern auch der Standort (Anbindung an den öffentlichen Verkehr) und die Infrastruktur (Schulen, Kitas, Nachtleben, Einkaufsmöglichkeiten, Kultur,..). Das ist nicht so einfach, wenn Produktionsstätten im Nirgendwo liegen. Was nützt der beste Job, wenn man in der Freizeit nichts unternehmen kann? Daher versetzen Sie sich als Arbeitgeber in die Position Ihrer Arbeitnehmer und versuchen Sie das Umfeld aufzuwerten. Zum Beispiel mit einer Errichtung einer KITA im Verbund mit anderen Firmen in der Umgebung, oder der Mitgliedschaft in einem Fitnesscenter oder des Sponsorings von kulturellen Veranstaltungen. Ideen und Möglichkeiten gibt es zahlreiche.

 

Nachwuchs selber heranzüchten

Tag der offenen Tür für Schüler/innen ist ein Weg, um den Nachwuchs für die eigene Branche zu begeistern. Auch bieten die Schulen immer wieder an, dass Eltern über ihre Berufe berichten. Wichtig ist, die jungen Leute auf die Möglichkeiten in den Berufen aufmerksam zu machen und dafür aktiv zu werben. Diejenigen, die sich bereits für einen Job in Ihrer Branche entschieden haben, sollte man umwerben, bevor sie fest einen Job annehmen. Das heißt, Werbung an den Berufsschulen mit interessanten Kennenlernangeboten (Besichtigung der Firma mit Fachvortrag und gemeinsamen Essen, Freitickets für Fachveranstaltungen und -messen,…), attraktive Jobangebote mit Karriereoptionen an die besten Absolventen des Jahrgangs, duales Studium unterstützen, Lehrstellen mit Spezialprogramm für die Lehrlinge (gemeinsame Skifahrten, Ausflüge, gemeinsame Events)...

 

Überzeugung durch gelebte positive Unternehmenskultur

Immer mehr spielen bei der Wahl des Arbeitgebers die Werte und die Kultur im Unternehmen eine Rolle. Schauen Sie, dass sie eine Vorreiterrolle hinsichtlich Nachhaltigkeit (Kreislaufwirtschaft) und Fortschrittlichkeit (Digitalisierung, Industrie 4.0) einnehmen, so dass sich neue Mitarbeiter gerne für Ihr Unternehmen entscheiden. Dazu zählt auch eine positive Unternehmenskultur, bei der Mitarbeiter eingebunden werden und aktiv nach Ihrer Meinung gefragt werden. Durch Zielsetzungen, die von allen verstanden und nachvollziehbar sind, erzielt man Motivation, sich im Job mehr einzusetzen. Dazu gehört aber auch, dass Erfolge gemeinsam gefeiert werden. Das wiederum spricht sich herum, denn Wertschätzung, gesundes Arbeitsklima und der Einsatz für eine gute Sache zählt oft mehr als das Gehalt.

 

Auch Quereinsteigern und Immigranten die Möglichkeit des Jobeinstiegs zu geben

Wenn der Arbeitsmarkt leergefegt ist, dann braucht es alternative Wege. Branchennahe Berufsfelder anzusprechen, aber auch die Integration von Immigranten mit dem passenden beruflichen Hintergrund, könnten hier ein Weg sein. Sprachkurse oder Umschulungsmaßnahmen müssten hierfür zusätzlich finanziert werden. Hier lohnt sich ein Gespräch mit dem Arbeitsamt, um hier gemeinsam Lösungen für Langzeitarbeitslose und ausländische Kräfte zu finden.

 

Berufsbilder positiv kommunizieren

Der Beruf des Zerspaners z.Bsp. braucht ein positives Image, Weg mit dem Vorurteil, dass wäre nur was für Jungs. Über Geschichten von Berufseinsteigern, die berichten, wie sie zu dem Job gekommen sind und wie abwechslungsreich und interessant dieser ist, erzielen Sie Aufmerksamkeit und ein positives Unternehmensimage. Stellen Sie dar, wie sich der Beruf über die Zeit verändert hat. Es herrschen oft veraltete Vorstellungen von den Inhalten, z.B. man müsse kräftig sein und viel heben. Mit modernen Hilfsmitteln können heutzutage auch schwächere Personen den Job bestens erledigen. Genauso wichtig ist die Zukunftsfähigkeit des Jobs, so dass man sicher sein kann, künftig nicht wegrationalisiert zu werden. Nehmen sie hier die Ängste und zeigen Sie auf, dass dank der Unterstützung von Computertechnik, Robotern und mechanischen Hilfen die Arbeit interessanter und weniger körperlich anstrengend ist. Gut ausgebildete Fachkräfte werden immer benötigt, auch mit der zunehmenden digitalen Unterstützung. Das neue Berufsbild sieht jedoch vor, dass man Informationen am Bildschirm abrufen und Änderungen im Programm vornehmen kann.

 

Fortbildungsmöglichkeiten geben und Karriereoptionen aufzeigen

Ein jeder sollte sich ein Leben lang weiterbilden, doch man sollte auch dafür belohnt werden. Ein guter Unternehmer setzt Anreize zur Fortbildung. Mit der Weiterbildung steigert der Arbeitnehmer seinen Marktwert. Daher sollten Sie im Unternehmen klare Karrierepfade einplanen. Nichts ist motivierender als die Aussicht eines möglichen Aufstiegs. Leider beachten viel zu wenige Firmen den Punkt und wundern sich, warum der eigene mühsam eingearbeitete Mitarbeiter nach einer Weile zur Konkurrenz wechselt.

 

Das Personalwesen kann nicht nebenbei laufen

Meist gibt es in den kleineren Unternehmen nur den Chef oder die Chefin, die sich um das Personal kümmert zusammen mit einer Buchhalter/in für die Lohnbuchhaltung. Das wird künftig nicht mehr reichen, denn sie brauchen Konzepte zur Personalakquirierung. Darum überlegen Sie sich hierzu Personal einzustellen, welches gleichzeitig über Ihr positives Arbeitsklima, ihre Jobaktivitäten und ihre interne Kultur kommuniziert.

 

Weitestgehend Prozessabläufe digitalisieren und automatisieren

Ist es nicht interessant, dass gerade das Schreckgespenst Digitalisierung die Rettung für die Personalknappheit ist? Denn wenn die Arbeitsabläufe mehr automatisiert vonstatten gehen, hat der einzelnen Mitarbeiter weniger zu tun und kann zusätzlich andere Arbeiten übernehmen. Sofern alle Arbeitsschritte zusätzlich digital geordnet abgelegt sind, kann auch schnell einmal die Arbeit eines Kollegen übernommen werden, der krank oder in Urlaub ist. Das Wissen bleibt im Unternehmen.

 

Erfahren Sie mehr hierzu: 

Automatisierung - Fluch und Segen zugleich

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