CAD-Schnittstellen bedeuten Informationsverlust

Beim Austausch von 3D-CAD-Modellen zwischen verschiedenen Formaten kommt es fast immer zu Informationsverlusten. Wir erläutern, welche Informationen bei heterogenen Systemen verloren gehen. 

Perfekte Konvertierung von 3D-Modellen nicht möglich 

Einer der wichtigsten Aspekte bei der Auswahl einer CAD/CAM-Software ist die Einbindung in die bestehende Systemlandschaft. Dabei sind unnötige Schnittstellen zu vermeiden. Dies gilt besonders für 3D-Daten, denn jede CAD-Schnittstelle erfordert einen Konvertierungsvorgang. Mit jeder CAD-Konvertierung gehen Daten verloren, was zu Nacharbeit und zusätzlichen Kosten führt. 

Solche Verluste entstehen, da nicht alle Programme die gleichen Funktionen haben, was bei der Konvertierung Kompromisse und Annäherungen notwendig macht. Das gilt schon beim Austausch von Grafikprogrammen oder manchmal schon beim Wechsel von einem Release zu einem anderen. Umso größer sind die Unterschiede zwischen den hochkomplexen CAD-Programmen.

Welche Daten bei CAD-Konvertierung verlorengehen

Bei der Übertragung zwischen CAD-Systemen oder zwischen CAD und CAM mit unterschiedlichen Dateiformaten gehen sämtliche Informationen verloren, die über das reine Aussehen des Bauteils hinausgehen. Das sind insbesondere:

Toleranzen

CAD-Schnittstellen (direkte wie Standardschnittstellen) übertragen keine Toleranzen. Deshalb ist es bei importierten Modellen nicht möglich, im CAD-System eine Toleranzanalyse durchzuführen. Es gibt auch keine Möglichkeit zur Herstellung eines Mittelmaßmodells. Dieses wäre notwendig, um für die Fertigung alle Toleranzen auf den Mittelwert des Toleranzbandes zu setzen. In dieser Situation gibt es zwei Möglichkeiten: die Toleranzen neu eingeben – oder sie einfach weglassen. Die erste Möglichkeit dauert und kostet, die zweite birgt die Gefahr, ein fehlerhaftes Produkt herzustellen. 

PMI (Product Manufacturing Information)

Moderne STEP-Implementierungen und auch einige direkte Schnittstellen ermöglichen sogenannte PMIs (Product Manufacturing Information): Diese haben in der Regel die Form von Texten und grafischen Symbolen, die an ein 3D-Modell oder an einzelne Flächen oder Kanten eines 3D-Modells gehängt werden. Diese Texte sind passiv und für das System ohne jeden Informationsgehalt. Ihre Interpretation bedarf eines menschlichen Lesers. Es ist also mit PMIs nicht möglich, automatisiert ein Mittelmaßmodell zu erstellen oder die Verkettung von Fertigungstoleranzen in einem Bauteil auf Sinnhaftigkeit zu prüfen. TopSolid kann PMIs übernehmen und damit die gewünschte Information sichtbar machen, aber auch nicht mehr. Mit PMIs lassen sich also Fertigungsinformationen übertragen, sofern das Zielsystem sie auslesen kann. Sie sind aber kein Ersatz für Fertigungsinformationen als Teil des 3D-Modells. Die gehen bei der Konvertierung meist verloren.

Zuordnung von Bearbeitungsverfahren 

Fertigungsrelevante Informationen zum Bearbeitungsverfahren gehen bei der Konvertierung verschiedener CAD-Formate in der Regel verloren. Mit der in diesem Jahr eingeführten Funktion Machining Features zeigt TopSolid was möglich ist, wenn solche Informationen von CAD verlustfrei nach CAM übertragen werden. Die Machining Features ermöglichen, schon in der Konstruktion den Teilen Informationen über das geplante Bearbeitungsverfahren mitzugeben. Diese Angaben werden an Kanten oder Flächen von Formelementen angehängt und an das CAM-System übergeben. Das CAM-Modul von TopSolid wertet diese Daten aus und programmiert sie automatisch. Eine solche Durchgängigkeit von Fertigungsinformationen ist derzeit nur möglich, wenn CAD und CAM eng aufeinander abgestimmt sind. 

Informationen über Werkstoff und Oberfläche

Im 3D-Modell können Benutzer Informationen über Werkstoff, Oberflächengüte, Beschichtungen, Nachbehandlungen und den gewünschten Zustand dokumentieren. Das ist zum Beispiel interessant bei Kunststoffteilen, bei denen bestimmte Flächen spiegelpoliert, lackiert, beschichtet werden oder eine Erodierstruktur aufweisen sollen. Ein anderer häufiger Fall ist die Information darüber, welche Flächen an einem Kunststoffteil Sichtflächen sind. Denn dort dürfen die Spritzgießer keine Auswerfer platzieren. All diese Angaben entfallen bei der CAD-Konvertierung. Sie müssen dann auf andere Weise kommuniziert werden, oder gehen verloren. 

Konstruktionsbaum

Entgegen einem weitverbreiteten Missverständnis erfolgt bei der CAD-Konvertierung keine Übergabe des Konstruktionsbaums. Das ist in keiner Konstellation möglich, unabhängig davon, welches Ausgangssystem und welches Zielsystem zugrunde gelegt wird. 3D-Modelle sind nach dem Import in ein anderes System ohne jede Information über ihre Entstehung und lassen sich daher nicht mehr so einfach bearbeiten, wie dies im Ausgangssystem der Fall war.

Das hat Konsequenzen in nachfolgenden Prozessen: Was passiert mit den Formeinsätzen, wenn sich der Artikel in einem anderen System ändert? Wie bekomme ich mein Fräsprogramm aktualisiert, wenn mein Bauteil in einem anderen System überarbeitet wird? In der Regel gibt es bei fehlendem Konstruktionsbaum keine perfekte Durchgängigkeit und manuelles Eingreifen ist immer wieder notwendig.

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Datenverluste reduzieren mit STEP?

Das Dateiformat STEP soll die beschriebenen Informationsverluste reduzieren oder verhindern. Das STEP-Format wurde ursprünglich vom ProSTEP-Verein entwickelt und später in der ISO 13030 genormt. Inzwischen ist es international und branchenübergreifend das wichtigste Austauschformat für 3D-CAD. Es hat bedeutende Vorteile, aber auch Nachteile:

Vorteile 

  • mehr Details als in IGES, ACIS 
  • international genormt
  • mehrere branchenspezifische Erweiterungen

Nachteile

  • erfordert doppelte Übersetzung (Export nach STEP, Import zum Zielsystem)
  • erfasst nicht immer alle Informationen des CAD-Systems
  • zum Teil hohe Kosten

Durch die Nutzung von STEP entstehen oft überraschend hohe Kosten. Denn mancher Softwareanbieter lässt sich Import- und Exportfilter für dieses Format großzügig honorieren. Preise von etwa 10.000 Euro pro Arbeitsplatz sind keine Seltenheit. Eine direkte Übergabe innerhalb eines integrierten CAD/CAM-Systems verursacht dagegen keine Kosten. 

Zudem kann STEP das grundsätzliche Problem einer Schnittstelle nicht lösen, es verdoppelt dieses sogar. Denn die Datenkonvertierung wird zweifach durchgeführt: vom Quellsystem nach STEP und von STEP zum Zielsystem. Dadurch ergeben sich gleich zwei Möglichkeiten für Datenverluste.

Integriertes CAD/CAM System als sicherste Lösung

Mit einer integrierten CAD/CAM-Software wie TopSolid vermeiden Sie die Probleme des Informationsverlustes, denn es findet innerhalb des Systems keine Konvertierung statt. Sollten Sie mit Kunden und Lieferanten Daten austauschen, können Sie Direktschnittstellen zu Systemen wie zum Beispiel CATIA und NX nutzen. Diese kosten nur rund 3000 Euro und damit oft weit weniger als eine STEP-Schnittstelle. So können Sie auf die Verwendung eines zusätzlichen Neutralformates wie STEP verzichten.

Möchten Sie sich über weitere Kriterien für die Auswahl eines CAD/CAM-Systems informieren? Dann lesen Sie, welche Voraussetzungen eine CAD-Software erfüllen sollte.  

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