Sinnvoller Einsatz von Bauteilverknüpfungen in der Konstruktion

Die Konstruktionssoftware TopSolid basiert auf einem Produktdatenmanagement (PDM). Das bringt zwei Hauptvorteile mit sich: Einerseits ist damit sichergestellt, dass Bauteile nicht mehrfach vorhanden und abgelegt sind. Es existiert also nur eine Quelle der Wahrheit und Ihre Datenbank besteht nicht aus lauter Dubletten. Und zum anderen wird zugleich die Voraussetzung für eine Zusammenarbeit mit Kollegen am selben Projekt zur gleichen Zeit geschaffen. Des weiteren sind die Daten in TopSolid parametrisch assoziativ. Das bedeutet, die Daten sind in TopSolid miteinander verknüpft bzw. zueinander im Verhältnis stehend und Änderungen an einem Bauteil werden nachverfolgt und verursachen ggf. auch Änderungen in anderen Dokumenten, wie zum Beispiel der Stückliste. Jedes Bauteil besitzt also eine Art Historie und kann auch wieder in alte Zustände zurückgesetzt werden. Das ist sehr hilfreich, denn so geht nichts verloren von Ihrer Arbeit und die Parametrik sorgt für einen hohen Automatisierungsgrad.

 

Macht die Parametrik in TopSolid die Arbeit mit TopSolid’Design langsamer? 

Nein, das Gegenteil ist der Fall, wie schon im Artikel Parametrik versus Direktmodelierung behandelt. Das parametrisch assoziative Verhalten spielt gar keine Rolle, da die Rechner heutzutage mit einem größeren Arbeitsspeicher und stärkeren Prozessoren ausgestattet sind. Zudem bearbeitet man meist nur voneinander unabhängige Bauteile. Doch man kann auch die Bauteile so gestalten, dass sie voneinander abhängig sind. Dann kann es schon mal zeitaufwendiger werden, bis die Auswirkungen der Änderung eines Bauteils in allen anderen Bauteilen überprüft wird. Daher wollen wir in diesem Artikel auf den sinnvollen Einsatz von Bauteilverknüpfungen in TopSolid eingehen!

 
Wie konstruiert man in TopSolid?

Wenn man ein neues Projekt startet, dann kann man hierzu Bauteile von anderen Konstruktionen verwenden. Bauteile, die immer in gleicher Weise verwendet werden, sind Normteile. Sie tauchen in unterschiedlichen Konstruktionen auf und werden nicht verändert. Würde man ein solches Bauteil verändern, so hätte dies Auswirkungen auf alle Konstruktionen, in denen dieses Bauteil verwendet wird. Dessen muss man sich bewusst sein! Daher legt man immer eine Kopie des Bauteils an, sofern klar ist, dass man ein Bauteil leicht verändern möchte und speichert dieses neu in veränderter Form ab. Es entsteht somit ein neues Bauteil.

 

Was sind Vor-Ort-Bauteile in TopSolid?

Es gibt jedoch Situationen, da möchte man, dass sich ein Bauteil der Baugruppe anpasst. Dafür gibt es in TopSolid die Möglichkeit das Bauteil als “Vor-Ort-Bauteil” zu definieren. Damit ist das Bauteil abhängig von seiner Baugruppe. Sinnvoll sind diese Anwendungen zum Beispiel im Werkzeugbau oder im Stahlbau, wo sich z.B. Profile bei der Änderung einer Steuerskizze anpassen und gegenseitig aneinander begrenzen müssen.

Wegen ihrer einfachen Anwendung und vielen Möglichkeiten sind vor allem Anfänger verleitet, zu viele Vor-Ort-Bauteile in einer Baugruppe zu verwenden. Das hat zur Folge, dass jede kleine Veränderung rechenintensiv für Ihren Computer ist und Ihre Konstruktionsarbeit verlangsamt. Daher gehen Sie immer mit Bedacht bei der Wahl der Art des Bauteils um. Als Größe können Sie sich merken, dass nur ca. 2-3 Vor-Ort-Bauteile in einer Baugruppe von ca. 150 Bauteilen sinnvoll sind. Sollten Sie feststellen, dass Ihre Arbeit in der Baugruppe zu langsam ist, können Sie Bauteile auch wieder “dekorrelieren” und so die Verbindungen auf eine möglichst intelligente Weise auflösen.

 

 

Besser ist die kontextorientierte Verknüpfung von Bauteilen

 

Schaut man sich die Abhängigkeiten genau an, dann ist es meistens so, dass sich nur ein Bauteil einer Baugruppe auf Geometrien eines anderen Bauteils beziehen sollte, bspw. immer parallel zueinander verlaufen sollte. Die Teile an sich sind jedoch unabhängig voneinander. Für solche Fälle bietet der Baugruppenkontext die Lösung. So verringert sich die Komplexität, denn die Bauteile sind nur in Bezug auf bestimmte andere Bauteile abhängig, aber nicht von der gesamten Baugruppe.

 

Vor-Ort-Bearbeitung mit aktiviertem Kontext

Stellen wir uns eine Baugruppe aus mehreren Teilen vor, hier die beiden Figuren und den gelben Quader, in welchen wir eine Aussparung für die Figuren einbringen möchten.

Wenn wir mit Doppelklick auf den Quader die Vor-Ort-Bearbeitung aufrufen (und damit das Bauteildokument dieses Quaders öffnen), werden unsere beiden Figuren transparent angezeigt und sind nicht greifbar. Mit der Option oben links können wir entscheiden, ob wir die beiden Figuren, im allgemeinen, also die anderen Teile der Baugruppe sehen wollen oder nicht, oder ob sie anklickbar sein sollen.

 

Durch das Aktivieren des Bearbeitungskontextes können geometrische Elemente der anderen Bauteile z.B. in einer Skizze verwendet werden, sei es durch Kopieren der Kanten oder als Bezugselemente für Zwangsbedingungen wie Maße. Allerdings sind diese Elemente nicht assoziativ, so dass sie sich nicht mit ändern, wenn sich die anderen Teile, hier die Figuren, ändern. Das ist in der Regel so gewollt, damit die einzelnen Bauteile unabhängig voneinander und damit möglicherweise wiederverwendbar bleiben. Auch ist das Anklicken beschränkt auf Geraden, Kreise, Punkte und Achsen.

 

Dies ist jedoch eine schnelle und einfache Art, Skizzen in den Teilen zu bemaßen, ohne sich die Dimensionen aus einem anderen Dokument abgreifen zu müssen.

 

Größere Abhängkeiten mit dem Baugruppenkontext erzeugen

Was ist aber, wenn man stärkere geometrische Bezüge braucht? Dann gibt es in die TopSolid die Möglichkeit, einem Bauteil einen Baugruppenkontext mitzugeben. Dieser Baugruppenkontext besteht aus allen Elementen der Baugruppe, die innerhalb des Bauteils nötig sind, um dieses fertigstellen zu können. Es wird also in der Baugruppe entschieden, welche Elemente einem Bauteil mitgegeben werden. Im folgenden Bild wird also dem Quader ein Kontext mitgegeben:

 

Danach werden die Elemente ausgewählt, die dem Bauteil mitgegeben werden sollen:

 

Wird dann das Bauteildokument geöffnet und bearbeitet, sind die so ausgewählten Elemente im "Elemente"-Fenster unter der Rubrik "Kontexte" sichtbar:

 

Danach kann mit diesen Kontextelementen normal weitergearbeitet werden, insbesondere können diese Formen vom Bauteil subtrahiert werden, es können Kanten kopiert und Flächen kopiert werden, um das Bauteil zu begrenzen.

Der Kontext selbst ist nicht assoziativ, er wird also nicht aktualisiert, wenn sich die anderen Bauteile oder deren Positionierung in der Baugruppe ändern. Das ist gewollt, um eine dauerhafte Abhängigkeit des Bauteils von der Baugruppe und den anderen beteiligten Bauteilen zu vermeiden. Es kann jedoch per Kontextmenü manuell eine Aktualisierung angestoßen werden, die nach Bedarf den aktuellen Stand der Kontextelemente herstellt.

 

Fazit: 

 

Insbesondere für den Werkzeugbau und den Stahlbau sind größere voneinander abhängige Bauteile ein Thema. Gehen Sie achtsam mit Abhängigkeiten um und haben Sie immer die Performance im Blick während der Konstruktion. Vermeiden Sie weitestgehend komplette assoziative Abhängigkeiten und arbeiten Sie mit kontextbasierten Abhängigkeiten! Wann Sie welche Form der Abhängigkeit verwenden, lernt sich mit der Zeit. Anwender, die mit großen Baugruppen arbeiten können auch die automatische Aktualisierung ausschalten und dann während der Kaffeepause den Rechner die Auswirkungen auf die gesamte Baugruppe überprüfen lassen. Der Umgang mit Vor-Ort und kontextbasierten Bauteilen lernt sich mit der Zeit. 

 

Zum sicheren Umgang mit voneinander abhängigen Bauteilen empfehlen wir Ihnen den Besuch der Profi-Schulung CAD mit speziellen Übungen zu diesem Thema.