Wie wählt und testet man erfolgreich eine CAD/CAM Software?

 

Sie haben bereits die ersten Schritte zur Auswahl einer neuen CAD/CAM Software auf Basis von CAD/CAM Checklisten gemacht, sich umgehört und Ihre Auswahl der besten Produkte für Ihre Anwendung zusammengestellt? Dann geht es im nächsten Schritt daran, die einzelnen Softwaresysteme kennenzulernen und auf Ihre firmenindividuellen Anwendungsfälle zu testen. Auf welche Punkte in Software und Service sollten Sie achten und wie gehen Sie dabei am besten vor?

Test von Softwareprodukten

Bitten Sie die Hersteller um eine kostenlose Testversion der Software. In den meisten Fällen kann man diese nach kurzer Registrierung herunterladen und bis zu zwei Monate lang testen.  Hier können Sie je nach Ihrem Anspruch auf verschiedene Arten vorgehen:

 

1. Sich eigenständig umschauen und die Software ausprobieren

2. Sich kurz kostenlos einweisen lassen
3. Sich ausführlich in die Software einführen lassen und unter Anleitung gezielt eigene Anwendungsfälle ausprobieren


Die erste Variante ist nur sinnvoll, wenn Sie sich eine neue, nicht allzu komplexe Software ohne viele Features anschauen wollen und es begleitend kostenlose Videos gibt, welche die Software näher erläutern. Dies ist meist bei weit verbreiteten Softwareprodukten im niedrigen Preissegment der Fall. Seriöse Anbieter hochwertiger Software erkennen Sie vor allem daran, dass Sie bereits vor Ihrem Test individuell zu den Modulen beraten werden und man Ihnen ein auf Ihren Anwendungszweck abgestimmtes Testmodul-Paket zeitnah kostenfrei bereitstellt und ggf. Installationssupport anbietet.

 

Auch wenn manch komplexe Software dank kluger Menüführung auf den ersten Blick einfach aussieht, sollten Sie sich dennoch individuell einweisen lassen. Warum? Weit verbreitet ist der sogenannte Dunning Kruger Effekt. Dieser beschreibt das Phänomen der Selbstüberschätzung, dem viele Anfänger wie auch Profis unbewusst zum Opfer fallen.

 

Dunning-Kruger Effect Curve

 

Denn bei CAD/CAM Software gibt es insbesondere beim Sprung von Einsteiger- zu Profisoftware, aber auch unter den Profi-Programmen, große Unterschiede. Nur weil im Unternehmen schon jahrelang mit einer CAD/CAM Software gearbeitet wurde, bedeutet das nicht, dass man die Handhabung einer anderen Software intuitiv versteht. Jede Software basiert auf ihrer eigenen Logik, welche man erst einmal kennenlernen muss. Automatismen, Regeln und Bibliotheken müssen erst einmal auf die eigenen Bedürfnisse eingestellt werden, um maximale Performance und Automatisierungspotenziale aus der Software heraus zu holen. Mit diesen Einstellungen lässt es sich mit der Software komplett anders arbeiten. Wenn Sie sich nun ohne fachliche Begleitung in einer Testversion umschauen, werden Ihnen diese Features verborgen bleiben und Sie erhalten womöglich ein falsches Bild von der Software. Insbesondere dann, wenn Sie nach Funktionen suchen, die in Ihrer bisherigen Software anders gelöst sind.

 

Fragen Sie die Anbieter, ob es zu ihrer Software eine individuelle kostenlose Demo und vielleicht sogar ein kostengünstiges Kennenlern-Coaching gibt, bei welchem Sie Ihre firmenindividuellen Fragestellungen ausführlich besprechen können. Manche Anbieter wissen um den Erfolg ihrer Software und der internen Prozesse, so dass sie Ihnen sogar die Kosten für das Kennenlern-Coaching beim Kauf anrechnen bzw. ermöglichen, während Ihrer Testzeit auf den regulären Support zurück zu greifen. So erleben Sie selbst wie es ist, Kunde dieses Anbieters zu sein. 

 

Um ein besseres Gefühl für die Software zu bekommen, lohnt es sich immer, sie sich bei einem oder mehreren anderen Unternehmen in Anwendung anzuschauen. Seriöse Anbieter werden Ihnen immer mindestens zwei bis drei oder mehr Unternehmen benennen können, mit welchen Sie sprechen und die Software unter verschiedenen Gesichtspunkten anschauen können. Bitten Sie die Sie interessierenden Lieferanten um Referenz-Kontakte oder die Organisation eines Online- bzw. Vor-Ort-Termines. Es wird Ihnen nicht nur zusätzliche Sicherheit geben, dass die Software auch in Ihrem Fertigungskontext erfolgreich eingesetzt werden kann, sondern Sie erfahren nebenbei von anderen mehr darüber, wie gut und hilfreich die Support- und Verwaltungsprozesse Ihres Wunsch-Anbieters wirklich sind. 

 

Warum fällt es oft schwer, eine neue Software direkt zu verstehen? Wo liegen die Schwierigkeiten?

 

„Man sieht nur, was man weiß.“ – Dieses berühmte Zitat von Johann Wolfgang von Goethe beschreibt die Tatsache, dass uns nur Dinge auffallen, über die wir Hintergrundwissen besitzen. Man betrachtet die neue Software also naturgemäß erstmal durch die Brille seiner bisherigen Softwareerfahrung, ohne sich auf die Arbeitsprozesse einzulassen, welche die neue Software ermöglicht. Man versucht die bisher gewohnten Features auch in der neuen Software zu finden - und vergisst dabei, dass es ja einen oder mehrere gute Grunde gibt, weshalb man sich gerade nach etwas anderem umschaut. Auch wenn es bestimmte Marktstandards gibt, folgt dennoch jede Software einer eigenen Logik und hat eigene Stärken, die Ihnen der Anbieter gern und effizient näher bringen kann. Lassen Sie sich auf die Stärken der neuen Software ein und versuchen Sie diese erst zu verstehen sowie mit Ihren Anforderungen abzugleichen. So denken Sie stets vom Neuen aus und erlauben sich selbst die Chance auf signifikante Verbesserungen Ihrer Arbeitsprozesse.

 

Hierzu ein Beispiel: Wenn Sie vergleichen, wie Sie neue Bibliotheken anlegen, dann erscheint Ihnen der Aufwand bei der Profisoftware vielleicht sehr hoch im Vergleich mit Ihrer jetzigen Software. Wenn Sie aber konkret berechnen, um wie viel schneller und sicherer Sie dadurch in Zukunft konstruieren können, relativiert sich der anfängliche Mehraufwand. Genauso wird bei der NC-Programmierung ("Werkstattprogrammierung") gerne verglichen, wie "schnell" man per Hand die Fräsbahnen anlegt oder Stücklisten erzeugt, ohne zu verstehen, dass diese in Profi-Software automatisch aus vorhandenen Daten erzeugt werden. Letztendlich ist es bei neuer Software wie mit einer Fremdsprache: Höchstens ganz simple Texte sind 1:1 übersetzbar. Lassen Sie sich auf die neuen Möglichkeiten der neuen Software ein - und erleben Sie mittels fachlicher Unterstützung und Einführung deren Stärken und ggf. auch Schwächen. Denn "neu" ist nicht automatisch "gut"! Ein seriöser Anbieter wird stets offen auch über die Schwächen seiner Software sprechen und Ihnen ganz genau aufzeigen, was mit der Software geht und was nicht. Scheuen Sie sich nicht davor, auch kritische Fragen zu stellen!

Neue Software sollte zu Ihrer IT-Strategie passen

 

Das beste Software-Tool hilft Ihnen nicht weiter, wenn es nicht zur gesamten Unternehmensstrategie passt. Achten Sie darauf, trotz kurzfristiger Vorteile keine (weitere) Insellösung auszusuchen, sondern wählen Sie eine Software mit großem Erweiterungspotenzial. Ohne stimmige, nahtlos miteinander vernetzte Systeme und Prozesse werden Sie es künftig schwer haben, sich gegen Ihren Wettbewerb zu behaupten. Achten Sie im Sinne der Industrie 4.0 Vision auf einen lückenlosen und vollständigen Datenfluss, kluge Datenhaltung und elegante Backup-Strategien.

 

Mehr darüber lesen Sie in unseren Blog-Artikeln zur Softwareplattform, PDM Datenmanagement und Cloud Backup:

 

1) Warum braucht es eine Plattform + durchgängig abgestimmte CAD/CAM Software?

2) Wie unterstützt das PDM das Agile Engineering?

3) Datensicherung in der Cloud

 

Eine Software für alles und alle

 

Ferner sollte Ihre neue Software zukunftsfest sein und paralleles, agiles, nachvollziehbares, sicheres und ortsunabhängiges Arbeiten unterstützen. Man kann viele Punkte bei der Auswahl übersehen, orientieren Sie sich daher am besten an neutralen Checklisten und diskutieren Sie die Auswahl mit Ihrem Team. Denn eine Software ist nur so gut, wie die Anwender davor. Insofern ist es wichtig, möglichst frühzeitig künftige Anwender in den Auswahlprozess zu integrieren, um etwaige Ängste sowie Vorbehalte abzubauen und von den Erfahrungen dieser Anwender zu profitieren.

 

Eine unternehmerisch kluge Softwarestrategie basiert stets darauf, dass alle relevanten Disziplinen von Anfang an (oder bei Umstellungen wenigstens perspektivisch) in der gleichen Softwarewelt arbeiten. Deshalb sollten Sie es dringend vermeiden an einer Software festzuhalten bzw. vorschnell eine neue dazu zu kaufen, wenn entweder ein "bald in Rente gehender" Mitarbeiter mit nichts anderem arbeiten will, respektive Sie einen neuen Mitarbeiter nur dann gewinnen können, wenn Sie ihm eine bestimmte Software zugestehen. Sie zerschießen sich damit bestehende Prozesse bzw. verbauen sich selbst die Chance auf Verbesserungen durch eng vernetzte Software. Was, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin nach der Anschaffung der oft teuren Software dann doch kündigt, oder "nur" krank wird? Wer wird diese Person urlaubsweise oder dauerhaft vertreten und die angefangenen Projekte weiter pflegen können? Mit einer einheitlichen Software und gut geschulten Teams beugen Sie diesen und weiteren Schwierigkeiten dieser Art vor. 

 

Wenn Sie befürchten, dass Ihr Auswahlprozess, den Sie ja aus triftigen (z.B. technischen) Gründen begonnen haben, auf internen Widerstand stößt, oder wenn ein Auswahlprozess in der Vergangenheit schon gescheitert war, dann fragen Sie Ihren Wunsch-Anbieter nach Change Management Workshops. Seriöse Softwareanbieter kennen das Problem und haben oft jahrzehntelang Erfahrungen darin, Veränderungsprozesse und Softwareeinführungen nachhaltig und für Ihr gesamtes Team erfolgreich zu gestalten. Vielleicht hat Ihr Wunsch-Anbieter sogar eine begleitende Softwareeinführung mit Erfolgsgarantie im Angebot?

 

Die Auswahl und der Test sind gelungen, wenn Anwender, Chef und IT gleichermaßen zufrieden sind

 

In den meisten Unternehmen ist die CAD/CAM Softwareauswahl aufgrund ihres strategisch wichtigen Charakters und des Investitionsbedarfes klare Chefsache. Die mit der Auswahl betrauten MitarbeiterInnen stehen also naturgemäß unter Druck, ihrem Chef/Chefin schon vor der Investition zu beweisen, dass die ausgesuchte Software alle relevanten Anforderungen erfüllt, in die IT-Strategie der Firma passt und der Softwareanbieter es schaffen wird, die künftigen Anwender gedanklich abzuholen und erfolgreich zu schulen. Ein Softwaretest ist daher weit mehr als "nur" die Prüfung der technischen Features. Die menschliche Komponente ist mindestens genauso wichtig. Bei Auswahl von CAD-Software lohnt es sich eine ggf. angeschlossene Fertigung und die CAM-Leute mit ins Boot zu holen, und bei Auswahl von CAM-Software kann es sinnvoll sein, auch die QS-Abteilung (Qualitätssicherung) zu involvieren. Achten Sie dennoch darauf, dass nicht "zu viele Köche den Brei verderben". Erfahrene Anbieter werden sich Ihre Anforderungen genau ansehen und Ihnen konkrete Tipps geben, wen Sie wann involvieren sollten und wie eine Softwareauswahl sowie die anschließende Softwareeinführung am besten gelingt

 

 

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